Der bekannte Komponist und Musiker Ulrich Krieger interessiert sich vor allem für die Zwischenräume und verschwimmenden Genregrenzen in der Musik. Er arbeitet im Limbo von neuer und experimenteller Musik über freie Improvisation, elektronische Musik, Reductionism, Noise, Ambient, bis Rock und Metal. Er schreibt extrem stille, reduzierte und dann wieder extreme laute, bedrohliche Musik.
Krieger war aktiv daran beteiligt, die Grenzen des Saxophonspiels und im Besonderen die Funktion des Saxophons im Rock und Noise zu erweitern und hat z.B. mit Lou Reed (Metal Machine Trio, Lou Reed Band), Lee Ranaldo (Text of Light), Faust oder Merzbow zusammengearbeitet. Er führte seine eigene Death-Doom-Metallband Blood Oath an und verwirklichte gemeinsame Projekte von John Zorn bis Laurie Anderson.
Sein neues, am 03.12.2021 bei L’ST Records erscheinendes Album 236 Strings ist eine Zusammenstellung aus instrumentalen Ambientstücken und elektroakustischen Soundscapes, die die Hörer*innen in einen Klangraum der Selbsterfahrung einladen; zwei der Stücke sind Auftragskompositionen der Pianist*innen Vicki Ray und Danny Holt. Alle Kompositionen stammen aus Kriegers Reihen ‚Nordic‘, ‚Desert‘ und ‚Pelagic‘ und sind in einem Bild vereint: der Mensch in seiner Konfrontation mit einer stärkeren Kraft, sei es die Wüste, die Tiefe des Meeres oder die Apokalypse.
Als Saxophonist war ihm das Klavier lange zu bürgerlich und daher mit zu vielen engen Definitionen von Kunst versehen. Laut Krieger ist „die bürgerliche Kunstmusik am Ende, so wie die bürgerliche Gesellschaft. Ich will in unbekanntes Gebiet vorstoßen, neue Gesellschaftsmodelle entwerfen“. Irgendwann musste er sich in seiner langen Karriere aber doch mit dem Klavier auseinandersetzen, erforschte dabei den gesamten Klangkörper des Instruments und entdeckte seine Vielfalt und Möglichkeiten außerhalb aller Konventionen. Denn eigentlich ist das Klavier vor allem ein Resonanzkörper, der von plus / minus 236 Saiten in Schwingung versetzt werden kann. Der vielfältige Klangreichtum und die unzähligen Möglichkeiten dieses Resonanzkörpers stehen im Mittelpunkt der fünf, für Klavier geschriebenen Stücke auf dem Album.
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Die 236 Klavier-Saiten werden durch verschiedene Mittel und Methoden aus ihrem Ruhezustand gebracht und aktiv in Schwingung versetzt: darunter sind das Anschlagen über die Tasten mit den Hämmern wie bei einem Hackbrett, oder das Zupfen wie einer Harfe, das Reiben wie mit Hand, Holz, Glas und weiteren Bogen-ähnlichen Dingen und Streichen wie mit Bogenhaaren, einer Angelschnur oder einem E-Bow sowie die Präparation der Saiten mit fest installierten oder beweglichen Objekten.
Bei allen fünf Stücken steht aber das sinnliche Klangerlebnis im Mittelpunkt, nicht die Melodie oder Harmonik. Durch die Sinne erfahrbare Atmosphären und Welten entstehen, auf die sich Zuhörer*innen einlassen und in sie vertiefen können.
Die Stücke:
„Euphotic“ ist Teil der ‚Pelagic‘-Serie und beschreibt die oberste der fünf pelagischen Wasserschichten. Sie ist die oberste, lichtdurchflutete Schicht des Wassers, in der effektive Photosynthese möglich ist. Der allergrößte Teil des Lebens im Meer findet hier statt. In diesem Klangraum werden alle Klänge von Vicki Ray, Danny Holt, Ulrich Krieger im Klavierinnenraum sowie von Krieger am Ebow-Klavier erzeugt und die daraus entstandene Vielzahl der Klänge reflektiert das reiche, volle Leben in der euphotischen Zone. Mit verstärktem Klavier und vier Lautsprechern wird diese Zone körperlich immersiv erfahrbar.
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„Hvergelmir“ ist Teil des bislang nicht abgeschlossenen nordischen Zyklus. In der germanischen Mythologie ist Hvergelmir die Quelle, die unter dem Weltenbaum Yggdrasil entspringt und alle Flüsse der Welt mit Wasser speist. Eine kleine Quelle, die eine unendliche Vielzahl und Variationen von Wasserläufen generiert. In drei Stimmungssystemen steht das von Danny Holt gespielte Klavier im Vordergrund und bricht die Erwartung, das von Ulrich Krieger gespielte Saxophon zu begleiten, welches eher als Klaviernachklang und Irritation erscheint statt als eine eigene Stimme. Oder ist es doch eine falsche Klavierresonanz?
„Rote Erde“ ist eines von drei Stücken der ‚Desert‘-Serie. Die ‚Rote Erde‘ bezeichnet die zentralaustralische Wüste. Als eine Art Field Recording der Klänge des Innenklaviers werden unter der Hitze das Außen und die Tasten in der keinen Schutz bietenden Umgebung unwichtig. Desorientiert in der Weite der Wüste geht es um das Verstehen und letztlich um das Überleben in dieser feindlichen Welt. Welche Klänge schaffen es vom Innersten des von Vicki Ray gespielten Klaviers nach außen und welche sinnlichen Erfahrungen sind in diesem Grenzgang möglich?
In diesem wie auch im folgenden Stück ist das Motiv der „Wüste“ Thema – ob der Wasserwüste oder der Wüste zu Land – wie Krieger ausführt: „Ich kenne die existentielle Herausforderung als Taucher, aber auch die unglaubliche fremde Schönheit von 50 Metern Wassertiefe oder wochenlang 43 °C in der Mojave-Wüste, wo ich wohne. Beide Umgebungen sind erst einmal menschenfeindlich, harsch und laden nicht ein. Man muss sich auf sie einlassen und lernen, mit ihnen umzugehen. Beide haben eine ähnliche, erst einmal abweisende, Faszination.“
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„Oberfläche (Open Ocean, Marine Desert)“ gehört zum ‚Pelagic‘-Zyklus aus insgesamt vierzehn Stücken, die sich mit den fünf Wasserschichten des offenen Ozeans beschäftigen. Die Wasseroberfläche ist die Grenze zwischen Luft und den pelagischen Zonen. In ihr reflektiert sich die Sonne, generiert visuelle Illusionen und wird nur mit einigen Strahlen oder festen Körpern durchbrochen. Mit dem Blick auf den Horizont kann man nicht mehr ganz genau ausmachen, wo das Wasser endet, und der Himmel beginnt. Selbst oben und unten wird hier relativ – die Sinne sind irritiert. Pianist Danny Holt spielt hier die Perkussionsinstrumente simultan mit dem Klavier und alle Klänge gehen wie Himmel und Wasser ineinander über.
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„Nach dem Ende, vor dem Anfang“ entstammt der ‚Nordic‘-Serie, die sich mit nordischen Mythen auseinandersetzt. Ragnarök, die germanische Version der Apokalypse, ist das Ende der Welt und der Götter in der letzten großen Schlacht. Sie endet im alles vernichtenden Weltfeuer. Da der nordische Schöpfungsmythos zyklisch ist, steigt nach der Zerstörung eine wunderbare, grüne, neue Welt aus den Fluten auf. Das von Vicki Ray gespielte Soloklavierstück „Nach dem Ende, vor dem Anfang“ beschreibt die Zeit dazwischen – das Alte ist zu Ende, das Neue hat noch nicht begonnen. „Die offenen Intervalle mutieren und ermöglichen in der Symmetriebrechung, dass aus der ursprünglichen Statik etwas Neues entsteht“, so Krieger, „vielleicht eine Allegorie auf unsere Jetztzeit“.
Weitere Informationen:
http://www.ulrich-krieger.com
https://vickiray.net/bio/
https://www.dannyholt.net/
ULRICH KRIEGER
Das neue Album: 236 Strings
VÖ: 03.12.2021
Label: L’ST records
Vertrieb: Broken Silence
Formate: CD | Digital
Katalognummer CD: 07211
EAN CD: 4250137272115
Labelcode: 91636
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