Fabrizio Cammarata mit neuem Album und Tournee Ende 2017

Fabrizio Cammarata sagt, dass die Songs seines neuen Albums Of Shadows, das am 17.11.2017 veröffentlicht wird, bei Konzertreisen entstanden sind, die ihn aus dem heimischen Palermo rund um die Welt geführt haben. Doch wirkt dieses Album, als hätte sich der Musiker in ein kleines, spärlich beleuchtetes alchemistisches Laboratorium zurückgezogen um seine eigenen Schatten im Zwischenmenschlichen zu erforschen.

Live ist Fabrizio Cammarata einer der Sänger und Gitarristen, die eine große Menschenmenge alleine mit ihrer Gitarre in höchste Glücksgefühle, aber auch in tiefste Trauer versetzen können. Ob in den vergangenen Jahren im Rahmen seiner eigenen Tourneen oder als Support für Größen wie Ben Harper, Patti Smith, Iron & Wine, Devendra Banhart, Emilína Torrini oder Lucinda Williams: Fabrizio Cammarata kann ganze Hallen dazu bringen, ihm andächtig zuzuhören – und das nur mit seiner Stimme und einigen wenigen gezupften Akkorden. So hat er schon in Clubs gespielt, in denen der Barmann selbst den laut summenden Kühlschrank ausgestellt und zugehört hat.

Auf seinem neuen Album Of Shadows, produziert in Palermo mit Dani Castelar (Paolo Nutini, R.E.M., Editors), beschäftigt sich Fabrizio Cammarata nun mit dem sehr persönlichen Wechselspiel aus Licht und Schatten, „schon deshalb“, so der Künstler, „weil ich diese beiden Seiten auch persönlich sehr stark erfahren habe, nicht nur einmal im Kontext einer sehr intensiven, aufregenden, emotional aufgeladenen und letztlich doch gescheiterten Beziehung.“ Doch auch auf vielen Meta-Ebenen betrachtet er diese Wechselbeziehung zwischen Licht und Schatten, etwa in Form einer Sonnenfinsternis, die auf persönlicher Ebene gedacht, auch Individuen im Leben widerfahren kann. Startpunkt für diese Erkundungen war der im nächtlichen Cordoba geschriebene und aufgenommene Song „Long Shadows“, der sich bereits auf der EP „In Your Hands“ befand, deren vier Titel allesamt von tiefgründigen, dunkel-schlichten Videoclips begleitet werden, und der eine Art Kernstück des neuen Albums darstellt.

Schon bei der „In Your Hands“ EP zeigte sich eine auch im Album widerspiegelnde Dichotomie: Licht und Schatten (sowie deren gegenseitige Abhängigkeit), das Radikale und Brutale, konterkariert von Romantischem und Sensiblem, aber auch die Gegensätzlichkeit aus Physis und Übernatürlichem, die sich in der Welt mythologischer Legendenerzählung kontrastiert. Das Folgevideo von „Long Shadows“, „Come And Leave A Rose“, beschäftigt sich weitergehend mit Einsamkeit, vergehender Liebe und ihrer alchemistischen Analyse.

All das findet sich auch im Klang der Platte wieder, der mal extrem reduziert ist und einen Song fast komplett auf seine wesentlichen Bestandteile herunterbricht, nur um an anderer Stelle durch so gezielt wie geschickt eingesetzte Opulenz ins Helle aufzubrechen. Introspektive und Expressivität duellieren sich auch in den Texten, die in ihrer poetischen Vielschichtigkeit allesamt auch ohne jede Musik wirken würden. Doch erst im Wechselspiel mit der Musik und der graphischen und bildhaften Umsetzung, für deren Gestaltung und Präzision Fabrizio Cammarata eng mit dem italienischen Künstler Ignazio Mortellaro zusammenarbeitet, entsteht ein berückend persönliches und unter die Haut gehendes Album.

Dass Of Shadows mit so vielen verschiedenen Ebenen spielt, ist sicher auch eine Folge von Fabrizios Herkunft. Palermo, die Hauptstadt Siziliens, ist ein in Europa einzigartiger Schmelztiegel, der seit Jahrtausenden von den unterschiedlichsten Kulturen geprägt wird. Doch nicht nur die Geschichte Palermos prägt den Musiker, auch die Moderne und Gegenwart mit ihren eleganten Facetten des „Liberty“ (Siziliens eigener Art Nouveau/Jugendstil) in Architektur und Design, die der nobel-verfallenen Hafenstadt an bestimmten Tageszeiten ein obskures Bild verleihen.

Fabrizio ist mit seinem Blick auf Musik und das Leben ganz klar ein Kind dieser Stadt und doch ist er kein tumber Folklorist. Ähnlich wie auch einige seiner Vorbilder – darunter etwa Bob Dylan, Fabrizio de André oder Nick Drake – sucht er stets nach Neuem, das aber zugleich auf den Füßen großer Tradition steht. Das findet sich auch im Sound des Albums wieder, das in den Indigo Studios in Lampedusa eingespielt wurde – Fabrizios alchemistischem Laboratorium.

Unterhält man sich mit Fabrizio Cammarata über sein Schaffen, wird das Gespräch schnell nachdenklich und feinsinnig. Das liegt sicherlich auch daran, dass er seine Songs niemals losgelöst von anderen menschlichen und künstlerischen Prozessen betrachtet und entwickelt. Bei Fabrizio vermischen sich stattdessen eine beachtliche Vielzahl von Einflüssen und inspiratorischen Impulsen in Ausdrucksformen wie Poesie und Prosa, Film und darstellender Kunst, Komposition und Performance zu einer Art „Stream of unconsciousness“. Seine Phantasie basiert auf tatsächlich Erlebtem zuhause oder auf Reisen sowie unerwarteten Ereignissen und der Essenz zwischenmenschlicher Dynamiken zwischen großer Liebe über tiefe Freundschaft bis zur tragischen Trennung. Mal ist es ein Bild, mal eine Erinnerung oder eine Textzeile, die sich im Gehirn so verankern, dass sie der Beginn für etwas Neues sind. Wohin ihn dieses Neue dann leitet – zu einem Song, einem Video oder Kurzfilm, vielleicht sogar gleich zu einem ganzen Buch oder Road Movie – das weiß er manchmal zu Beginn des Prozesses selbst nicht.

Ein Beispiel dafür war das spontane Soul-Album Skint & Golden, das Fabrizio mit seinem alten Freund Paolo Fuschi zwischen Manchester und Palermo 2013 aufnahm. Ein anderes Beispiel war eine Reise nach Mexiko, wo er neben der aktuellen Musik auch jene mit großer Tradition aufsog und studierte. Insbesondere faszinierte ihn die Musik der mexikanischen Legende Chavela Vargas, mit dem Ergebnis, dass Fabrizio zusammen mit dem italienischen Singer-Songwriter Antonio Di Martino einen semi-autobiographischen Roman mit dem Titel Un Mondo Raro schrieb, begleitet von einem Album mit Interpretationen von Stücken aus Vargas‘ Repertoire. Der Roman und das Album sind entstanden aus einem Projekt, das nun schon seit vielen Jahren schwelt und laut Fabrizio „sicherlich auch irgendwann zu einem Ende kommt, einem Ende, das ich selber bislang aber noch nicht kenne“: Ein Roadmovie, an dem er mit dem in Berlin lebenden Filmemacher Luca Lucchesi arbeitet und der sich mit seiner Suche nach der mysteriösen Figur La Llorona beschäftigt. „Seit fünf Jahren arbeiten wir immer wieder an diesem Film, nehmen neue Orte und Szenen in die Dramaturgie auf – und ich bin sicher, dass irgendwann etwas stehen wird, das für sich spricht.“ La Llorona taucht nun schon einmal im Kontext des neuen Albums auf – nur ein Beispiel, wie sich in Fabrizios Werk die vielen verschiedenen Ideen und Projekte gegenseitig befruchten.

Und das ist es auch, was Fabrizios Musik und Texte, Videos und Schriften, Gedanken und Akkorde auszeichnet: Sie alle tragen dieses Quäntchen Magie in sich, das nicht erklärbar ist. Das Beste, was wir also an dieser Stelle tun können, ist die Empfehlung auszusprechen, Of Shadows allein, in aller Ruhe (und, so sagt Fabrizio, am Besten auch bei Nacht) zu hören und auf sich wirken zu lassen. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollten sich die vielen Momente des Lichts und der Schatten nicht wie von selbst aus diesen Tönen und Akkorden schälen, um zu etwas Größerem zu werden als nur die Summe ihrer Teile zu sein.

Tourdaten:
26.-28.10.2017 IT-Kaltern am See / Kaltern Pop Festival
04.11.2017 Köln / Museumsnacht @ Römisch-Germanisches Museum
07.12.2017 München / Milla
10.12.2017 Berlin / Musik und Frieden
11.12.2017 Hamburg / Nochtwache
12.12.2017 Heidelberg / Karlstorbahnhof
13.12.2017 Haldern / Haldern Pop Bar

Weitere Informationen:
http://www.fabriziocammarata.com/
https://www.facebook.com/fabriziocammarata/

FABRIZIO CAMMARATA
Das neue Album: Of Shadows
VÖ: 17.11.2017
Label: Haldern Pop Recordings
Vertrieb: Rough Trade
Katalognummern CD: 800A018 (HPR132)
Katalognummer Vinyl: 800AV018 (HPR133)
Formate: CD, Vinyl, digital
EAN CD: 5056032312104
EAN Vinyl: 5056032312128
Labelcode: 09219

Mit Unterstützung von MiBACT und SIAE, Programm „Sillumina – Copia privata per i giovani, per la cultura”

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